Tuulihaukka from Eva Wal - Art & Video on Vimeo.
Päijänne from Eva Wal - Art & Video on Vimeo.
Videos zur Ausstellung
Doppelgänger - Literatur und Bildende Kunst
am Künstlerforum Bonn, 01. - 22. Mai
PÄIJÄNNE
Zu meiner Arbeit
Das Gedicht „Päijänne“, benannt nach dem zweitgrößten und tiefsten See Finnlands, entstand im Sommer 2010 auf einer winzigen, nur mit dem Ruderboot zu erreichenden Insel in eben diesem See.
Dort erlebte ich eine Wildnis, die mich freundlich aufnahm: Eine Trinkwasser-Quelle, Feuerholz in Hülle und Fülle, genug Nahrungsmittel, sicher eingelagert in einem Erdkeller, sommerliche Temperaturen, ein Wind, der die Mücken fernhält. Wilde oder giftige Tiere waren nicht zu befürchten. Ich fühlte mich als Mensch, der Teil der Natur ist, in Kontakt mit sich und der Natur tritt und sich mit den Elementen verbindet. Körper und Geist konnten entspannen und regenerieren. Belebt und inspiriert begegnete ich der Natur jeden Tag neu.
Dennoch beinhaltete die Empfindung der Weite von Wasser, Wald und Himmel, des alles umspannenden Universums, der Tiefe, Unendlichkeit und Ewigkeit auch die Empfindung von Ausgeliefert- und Bedrohtsein in einer Natur, die jäh zum Feind werden kann.
Im Handumdrehen kann diese großartige Natur zur rohen Wildnis werden, zur Frage auf Leben und Tod. Ein wildes Tier, eine hohe Welle, eine Feuersbrunst, eine Laune der Natur nur kann uns auf unsere Zerbrechlichkeit als Menschen zurückwerfen und unsere Abhängigkeit von einer Zivilisation, die Natur oft rücksichtslos ausbeutet und schändet, offenlegen.
Unser Geist kann sich nur dauerhaft in einer Umgebung entfalten, die nicht vom Überlebenskampf bestimmt ist. Wir wollen profitieren, müssen fressen - und suchen uns vorm Gefressenwerden zu schützen. Feinheit und Rohheit, Zartheit und Wildheit, existenzielle Gefühle von Vertrauen und Angst, Leben und Tod stehen sich gegenüber, liegen aneinander; getrennt nur durch eine Haut, die zu beiden gehört.
Das Gedicht Päijänne entstand aus der Inspiration an diesem Ort, dem Einlassen auf das bloße Sein auf der Insel im „Weltensee Päijänne“ heraus; gleichzeitig aber brauchte ich Konzentration.
So dichtete, schrieb und filmte ich: Im Ruderboot beim Umrunden der Insel, beim nächtlichen Treiben auf dem kühlen See; beobachtete Lichtwechsel, Seegras, Tiere… Eines Morgens wurde ich Zeugin, wie ein junger Falke (es war ein Turmfalke, auf finnisch „Tuulihaukka“, Tuuli = Wind) gerade das Nest verließ. Bevor er sich in seine Falkenwelt aufmachte, sondierte er die Umwelt auf einem Stein am Ufer stehend und fand sich dabei Auge in Auge mit meinem Kameraobjektiv.
Als Keimzelle und Zentrum der Multimedia-Installation im Künstlerforum übertrug ich das Gedicht „Päijänne“ in Schrift-, Sprach- und Klangformen und in eine Performance, zu sehen im Video auf dem Fernseh-Monitor vor dem Video-Raum. In dieser Performance beschreibe ich wie in einem Ritual meine Körperteile, Hände, Arme, Beine, Füße und das Gesicht mit den einzelnen Strophen und wasche die Beschriftung nachher wieder ab.
Die sinnlich haptischen Ebenen der Schrift, des Schreibens und Waschens stehen den virtuellen und flüchtigen Videobildern mit Klang entgegen, verbinden und verweben sich jedoch zu einem Ganzen.
Ich habe meinen eigenen Päijänne-Kosmos geschaffen, der im Sinne Novalis als „vollendete Speculation“ zur Natur zurück führt.
Eva Wal, Mai 2011
Videostills aus dem Performance-Video (c) Eva Wal, VG Bild-Kunst |