Montag, 24. Januar 2022

#kkl Gespräch

 Im Kunst-Kultur-Literatur Magazin, #kkl, erschien eine Veröffentlichung meines Gedichts "Dämmerung" sowie das Bild "Das große Geschehen", auch: "Rolfs Tod" oder "Father's Death".

https://kunstkulturliteratur.com/2022/01/03/dammerung/?fbclid=IwAR0BjEVYeIKC5K9QzD19Ols__9CQ4MWQnv72WUS1Z_QvtvVaAo59RaWTOZ0

Darauf lud mich der Redakteur Jens Faber-Neuling zu einem sehr angeregten Gespräch ein.

Im Nachgang (und auch schon während der vorausgehenden Gedanken dazu) fiel mir noch so viel Ergänzendes ein, dass ich es hier in einigen Kommentaren skizziert hinzufügen möchte.

Hier das Gespräch:


Kommentare/ Zusätze, nicht chronologisch,

sondern in eigenem Zusammenhang 

 

Des Pudels Kern

Kindheit: Ich erzähle von meinem frühen Kinoerlebnis: "Faust" im Meersburger Kino. Meine Mutter und ich waren die einzigen Gäste in einem Kino, in dem ansonsten nur Grusel und Trash lief. Ich war tief beeindruckt, obwohl ich, noch nicht einmal zehnjährig, "nichts verstand".

Was ich verstand, war, dass die Sprache Goethes sich mit dem Klang der gesprochenen Sprache, Mimik und Körpersprache des Mephisto, gespielt von Gustav Gründgens und Faust, gespielt von Will Quadflieg, verband. Dieser Dreiklang ist nicht zu trennen, es ist ganzheitliches Sprach-Erleben.

In meinen Poesie-Performances habe ich dies später in meine eigene künstlerischer Sprache umgesetzt. Siehe Ende dieses Postings.

 Paul Celan wurde mein erster, selbst entdeckter Dichter, den ich lange verehrte wie einen Heiligen.

Das Gedicht "Was geschah" eignete ich mir in meinen ersten Performances an. Ich lief barfuß über brennende Kerzen, die im Kreis um mich standen. Aus einem schwarzen, konischen Filzhut kam das Gedicht im O-Ton, gesprochen von Celan:

Was geschah? Der Stein trat aus dem Berge.
Wer erwachte? Du und ich.
Sprache, Sprache. Mit-Stern. Neben-Erde.
Ärmer. Offen. Heimatlich.

Wohin gings? Gen Unverklungen.
Mit dem Stein gings, mit uns zwein.
Herz und Herz. Zu schwer befunden.
Schwerer werden. Leichter sein.

 

Performance-Festival in der Orgelfabrik Karlsruhe, 2000

ArToll Kunstlabor, Rheinische Kliniken Bedburg Hau, 2001

"Kunst 77 bis zum Abriss", Bonn, 2006,

Performance mit Matthias Nahmmacher, Flöte,

Foto: Bernd Zöllner


Vor Celan, der im oben aufgezeichneten Gespräch mit Jens Faber-Neuling nicht vorkommt, nenne ich einige Dichter, die ich in meiner Kindheit vorgelesen bekam wie zum Beispiel Matthias Claudius. Da meine Familie aus Norddeutschland kam, genauer aus Hamburg, wuchs ich selbstverständlich mit Herrn von Ribbecks Birnbaum im Havelland auf. Meine gesamte Schulzeit aber verbrachte ich in Süddeutschland, in Meersburg am Bodensee, und so lernte ich auch den Knaben im Moor von Annette Droste-Hülshoff kennen. Dieser geographische Zufall vermittelte mir, dass auch Frauen als Dichterinnen berühmt werden können. Doch warum war sie eine Ausnahme?

So entstand ein Bewusstsein, das sich entwickelte und zur Grundlage für feministisches Denken wurde. Ebenso ermutigte es mich, an mein künstlerisches Potenzial zu glauben. Die Droste, mein erstes "role model", mein erstes Vorbild!

Noch drei Zitate zum Gespräch mit Jens Faber-Neuling.

Zum Thema des Zusammenhängens aller mit allem, dem Spüren von "Schicksalshaftigkeit" auf einem  Waldspaziergang, zur Notwendigkeit, die Stimme zu erheben, etwas zu tun; dagegen das Gefühl der Machtlosigkeit, der Ohnmacht und der Gleichgültigkeit; dazu sagt Albert Schweitzer:

Bei der Schlafkrankheit der Seele besteht die Hauptgefahr, dass man sie (ebenfalls) nicht kommen fühlt. Wenn ihr die geringste Gleichgültigkeit an Euch merkt oder gewahr werdet, wie in Euch der Ernst, die Sehnsucht, die Begeisterungsfähigkeit abnimmt, dann müsst ihr wissen, dass die Schlafkrankheit der Seele im Anzug ist.


Zurück zu Celan. 

Für wen schreiben wir?

Wen wollen wir erreichen -  wie und wo?

Das Gedicht kann eine Flaschenpost sein, aufgegeben in dem Glauben, sie könnte irgendwo und irgendwann an Land gespült werden, an Herzland vielleicht.

Paul Celan

Wer und was hat uns erreicht, unser Herzland

 

Last not least, zum Schreiben und Dichten:

Das Schreiben, so Frederike Mayröcker, sei eine Disposition. Das empfinde ich auch so. Man/ frau kann nicht anders, als das Erlebte, sei es äußerlich noch so banal und unbedeutend, das, was einen bewegt, in Geschriebenes zu transformieren, ersteinmal ungeachtet der literarischen Qualität.

Das Gedicht ist dabei eine besondere Form, ein Extrakt, eine Perle, ein Kondensat, ein "Parfum".

Alles andere, der "Rest", ist für mich jedoch nicht wertlos.

Ich liebe das Fragment. Ich schöpfe aus der Fülle meiner angesammelten Fragmente, und immer mehr finde ich Gefallen und Freude daran, Geschriebenes fragmentarisch belassen zu können.

Ein Fragmentariker, den ich hier wärmstens empfehlen möchte, ist Hans Jürgen von der Wense.

Eine echte Entdeckung - vielleicht auch für Dich oder für Sie!

https://www.juergen-von-der-wense.de/ 

/https://blauwerke-berlin.de/

Zum Schluss ein Fragment aus Wenses Herzland:

... ich erlebe in der kunst niemals das produkt, sondern einzig das phänomen! Sie ist nur Eine welle im weltenmeer, Eine linie und riege im spiele des lebens. Wir sind verschlungen in der wahnsinnsphantasie. Alles ist mitte: licht, das alles werden kann, weil es alles schon war. Wozu wir leben? Um anzubeten - mit dem herzen zu denken.

12. August 1955

aus: Hans Jürgen von der Wense, documenta Wanderungen, blauwerke, Berlin 2015.


Poesie-Performances aus meinem Archiv

 

"Erde", Gedichtvortrag als Performance, Kult 41, 2005

Foto: Ralf Schuhmann 

 


"Schneegefühl", Performance meiner Gedichte

aus der gleichnamigen Edition,

 Theaternacht 2008,

KunstWerk Köln-Deutz,

zusammen mit Angelica Schubert mit Berimbao und Obertongesang

Fotos: Oliver Kerth

 
So weich sind meine Kissen
So zart sind meine Träume

Ich glänze dunkel
Meine Augen sind nussbraun

Schneegefühl und Flussrauschen
Sämige Fäden im Morgengras

Schaum an den Blütenkronen

Wir lieben uns in einem hohen Baum
unter einer roten Sonne





Sprache, Klang, Schrift, Körper, Inszenierung

kommen zusammen.



Auf meinem alten Blog finden sich noch viele dieser Gedicht-Performances, Installationen oder Konzerte:

http://www.evawal.kulturserver.de/

Diese Formen des körperlichen Sprechens zusammen mit Klang und Musik

sollte ich wieder aufleben lassen!



Donnerstag, 6. Januar 2022

Maria Valeva

 



Buchankündigung, Frühjahr 2022


Zum Greifen fern

 

Gedichte 2020-21

 

128 Seiten, darunter 15 Farb-Bilderseiten

 

Handbuchbinderische Verarbeitung:  Steifbroschur,

Titelprägung, Ausstanzung im Buchdeckel, kaschierte

Pappe, Leinenfälzel, Leseband

 

Wertige Papiere in creme für Text und weiß für Bilder

 

 

Buchbinderin: Miriam Kleiner,

www.kleinergleichpapier.de

 

Druck: Alf Germanus Grafische Erzeugnisse,

www.agermanus

  

 

Preis: 44,- EU inkl. Mwst

 

Bestellungen unter: evawal (a) gmx.net,

Betreff: Bestellung Maria Valewa

 

 

In Maria Valewas Lyrik findet sich oft noch die Einheit von Mensch und Natur, Ich und Umwelt, die dem kindlichen Empfinden nahekommt, aber später im Erwachsenenalter verloren geht. Valewa erschafft einen Raum, in dem alles ineinanderfließt und eine traumartige, zuweilen auch mystische Atmosphäre herrscht. Diese Grenzdurchbrechung ist kennzeichnend für ihr Werk.

Dass die Autorin unter dem Klarnamen Eva Wal auch als bildende Künstlerin in Erscheinung tritt, lässt sich an der Plastizität und dem Bildreichtum, nicht zuletzt dem Spiel mit den Farben, unschwer erahnen. Ergänzt wird der Band durch Malerei, die dem Leser viel Raum lässt und gleichzeitig mit den Gedichten in einen Dialog tritt.

 

Sigune Schnabel



Kostprobe Text und Bild schon einmal hier:

https://kunstkulturliteratur.com/2022/01/03/dammerung/