Donnerstag, 20. Februar 2020

Kovalam Beach




fischer

das netz ist ausgeworfen
und wieder eingeholt

lallendes geschrei
nachahmung der natur

das leben quirlt aus
zusammengezurrtem garn
 tropfen
sprudeln springen spritzen
fische
ersticken
vergeudete kreatur

ich warte auf den fang
das wort






es geschieht nicht mehr als dies


in der ersten morgenstunde
schaukeln die krähen auf den palmentellern
grau, anthrazit, eben noch schwarz

die luft ist erfüllt vom schnarren pfeifen
rasseln der tiere unsichtbar die meisten doch
geschäftig und flink verpassen sie
keinen moment ihrer lebenszeit
zu nutzen

hinter reihen bunt bemalten betons
tost das meer

hallaleio
der tag beginnt so

ein gecko verschwindet
mit meinen träumen
an den saugnäpfenden der
 schweiß nächtlicher laken

kissen schütteln sich
häuser stöhnen:
noch ein tag!

salz in den poren der steine
porös wie alles hier
überquellend
das öde leben
schwappt und klebt

jeden tag hängt sich ein jeder ein stück weiter
an der wäscheleine zwischen anfang und ende

ich füttere eine krähe mit einer cashewnuss
habe sie zur freundin erklärt
vielleicht ist sie mein karma

auf geht’s durch die gassen
an den strand zu
chai tea food

hallaleio
der tag kommt so

die menschen
mit palmenblättern bepackt
fischernetze schleppend nach muscheln
tauchend hinter nähmaschinen ratternd
müßiggehend handelnd
bettelnd gaffend verendend
den hunden oder göttern nah

der morgen gehört den fischern
verkäufern flughunden touristen
selfie-shootern in der brandung die
boote kommen
und gehen schlafen

hallaleio hallaleio
der tag ist so

am mittag sticht die
sonne die hitze drückt
in der schwüle
ringen müll abgas lärm mit
papaya zimt und pippali pfeffer
um gleichgewicht

kerzen schmelzen in den strahlen
einer göttin hinterm horizont
lächelnd
eine von vielen
grinsend mit den augen
rollend vielarmig beschäftigt
angebetet in schwaden von sandelrauch
ketten von jasmin und zimbelschlag

aus dem staub an den straßen
erhebt sich wurzelwuchernd
der banyan tree
tempel und baum
von menschen geschmückt
beladen mit wünschen
und hoffnung wächst er bleibt
erde stamm blatt himmel
ein OM aus seinem schoß
die geister ruhen nie

hallaleio hallaleio
der tag vergeht so

der späte nachmittag bringt
aufgetürmte wolken
fäuste im himmel
von blitzen
durchzuckt
polternde drohungen
leer wie die netze
und das meer

bevor die dunkelheit fällt
prasselt der regen
los und der wind
pustet fort das

hallaleio hallaleilo
der tag war so

hallaleio

hallaleio








eine seidenraupe webt sich mir entgegen
ich fingere nach dem faden
spiel zwischen zeichen und maschen




Gedichte, Skizzenbuch, Fragmente und Fotos, Kovalam Beach, Kerala, Südindien, Oktober 2019