Fast jeden Tag während meines Galerie-Aufenthalts in Campinas, São Paulo, Brasilien im August 2024 ging ich aus zum Mittagessen, almoçar, und danach ins Café zum Schreiben. So entstanden neben einem "automatischen Roman" (jeden Tag weiterschreiben ohne ein- und anzuhalten - aus einer Ausgangsszene entsteht so eine Handlung, die ihrer eigenen Logik folgt) tagebuchartige Miniaturen aus Betrachtungen bei den Spaziergängen durch den Stadtteil Cambui, in dem ich gerade zuhause war.
Ich schlief und wachte auf, als die Bauarbeiter schon fast ihren Feierabend am sabadó hatten, und nach meiner Morgenroutine und den überschaubaren Erledigungen ging ich, wie ich es nun glücklicherweise gewöhnt bin, ins Café zum Schreiben.
Es ist Winter und die Luft hat 33 Grad!
Auf der Straße zum Café entdeckte ich einen Teeladen und ging hinein.
Wurde durch den Laden geführt, der sich über mehrere schmale Hinterräume erstreckte. Dort entdeckte ich Gewürze, rein in Farbe und Geruch, wie einen Schatz: Kurkuma, Canela, Anis, Lavendel, Hibiskus, alles, was mein duft- und dampfwünschendes Herz begehrt.
Ich erstand eine Tasse aus Glas und das dazugehörige Teesieb aus mit Blumen verziertem Porzellan, rot und rosa auf weiß. Eine Kostbarkeit, eine Köstlichkeit, da ich meine Teesorten aus China und Indien hierher mitgebracht habe.
Diese Tasse ist delikat, da man sie nicht auf Fliesen oder Kacheln stellen darf, dann gehe das Glas kaputt. Wahrscheinlich sind die meisten Küchenflächen mit Fliesen oder Kacheln ausgestattet, die das lange Überleben dieser Tasse eher unwahrscheinlich machen. Dennoch zog ich dieses Modell dem günstigeren Teestrumpf in einer schön geschwungenen Halterung vor. Ich ließ meine Ware als Geschenk einpacken.
Das Finden und Binden einer Schleife um den Henkel der Papiertüte dauerte eine ganze Weile. Die Frau des Teeverkäufers, ihm sehr ähnlich in der Art, das Lächeln im Gesicht zu tragen, mit den Augen sanft zu blitzen (hüten sie doch hier einen Schatz) und sich behände, aber verlangsamt in ihren kleinen, wie auf das Geschäft maßgeschneiderten Körpern zu bewegen. Verlangsamt, denke ich, durch das Wissen, dass die Räume, die all diese zerbrechlichen Kostbarkeiten beherbergen, sehr schmal sind.
Es musste auch etwas gefunden werden, das die blassgelbe Stoffschleife mit elegant eingeschnittenen Zacken in ihren Enden am Henkel der Papiertüte befestigen konnte. Offensichtlich war keine Schnur zu finden, was zu gedeckter Aufregung und Konversation zwischen der Frau des Teehändlers und dem Teehändler führte. Es dauerte an, denn außerdem musste zuvor das zerbrechliche Gut, von dem das Preisetikett schon entfernt war, in Folie eingewickelt und sorgfältig verklebt werden.
Dann erhielt ich das Geschenk in Vollendung mit dem Hinweis, dass der Teeladen auch einen Lieferdienst anbiete und man ebenfalls einen Termin im Laden buchen könne.
Ich bedanke mich freundlich und beteuerte, dass mir das lange Warten nichts ausgemacht habe, tenho tempo, ich habe Zeit.
Dann begab ich mich in mein Café zum Schreiben und stellte die Tüte vor mir auf den Tisch. Sanft glitt die hellgelbe Schleife aus ihrer Fesselung und verschwand in der Tüte.
Über mir leuchten gelbrote Blüten, während ich meinen Kaffee nehme und an schwefelgelbes Wasser denke, das mich erfrischt.
Ich war übrigens gestern abend verliebt...
Lebkuchenerde im Mata Santa Genebra, Campinas
Schreibzeit in der Galerie
Meditatives Schreiben mit Gästen
preto amarello
running slowly through a jungle of
words that sound like bells made
of rushing water
tangled reality of dreams
you wear me I wear you
the snakes daydream with eyes of
preto amarello
Meditative Writing with Eva Wal 22. August 2024 Exhibition Vata Katha - Flecha e Pão Eva Wal, Alemanha Gallery ATAL, Campinas, Brazil
Fotos (c) Eva Wal, VG Bild