Dienstag, 2. März 2021

Was eine Gießkanne mit Freiheit zu tun hat

Es ist März, und die Schneeglöckchen haben sich aus der Erde gewühlt.

Heute war für mich ein richtiger Schneeglöckchen-Badetag, oder ein Snowdrop-, "Schneetropfen" -day.




Wir erwarten den Frühling und hoffen auf das Ende der Pandemie. 

Öffnungen, Freiheiten, Freude, wieder miteinander!

Die ersten Corona-Lockerungen gab es ja bereits.


Die neue Freiheit

Heute höre ich doch auf dem Weg zur Arbeit, früh am Morgen im Radio all die neuen Corona-Lockerungen, zu denen auch die Öffnung von Gartenabteilungen in Baumärkten gehört. Wow!
Auf dem Nachhauseweg entschließe ich mich spontan, beim Baumarkt einzukehren und die neue Freiheit zu nutzen, um eine Gießkanne für den Garten zu kaufen, da meine alte im Frost geplatzt ist.
Haben sie einen Gewerbeschein?, fragt mich die am Eingang positionierte Mitarbeiterin des Baumarkts durch ihre FFP2 Maske hindurch. Nein, antworte ich durch meine FFP2 Maske, fröhlich, denn ich will ja nur in den Gartenbereich, der schon gleich vor mir mit Primeln, Stapeln von Blumenerde und Gartengeräten in allen Farben grüßt. Ja, die gelben, grünen, roten Gießkannen laden nicht weiter als einen Gießkannenwurf von mir entfernt zum Mitnehmen ein. So unkompliziert kann das Leben also wieder sein. All die roten Markierungen auf dem Boden, medizinische Masken vor Mündern und über Nasen nimmt man ja kaum mehr wahr. Heute ist der Frühling da, mit fast 18 Grad, an diesem besonderen Tag Ende Februar. Und wenn meine Gießkanne kaputt ist, gehe ich einfach in den Baumarkt und kaufe eine neue, und dabei kann ich auch gleich noch Blumenerde und Samen mitnehmen, wenn ich will, und jede Menge Frühlingsblumen.
Die Mitarbeiterin des Baumarkts zählt auf, was ich ohne Gewerbeschein im Gartencenter kaufen darf, nämlich Blumenerde, Pflanzen und Samen - aber keine Gartengeräte oder Zubehör.
Ich zeige auf die Plastikkannen, die mich in der Sonne anlachen, doch so ist die neue Verordnung. Gießkannen gibt’s nur mit Gewerbeschein oder online. Das heißt, ich kann die Gießkanne vor mir online bestellen und dann, erklärt mir die nette Dame, dauert es vier bis fünf Stunden, bis ich eine Antwort bekomme und mich in die Autoschlange dort drüben - sie zeigt in die entgegengesetzte Richtung - einreihen darf und warten, bis ich drankomme und ein Mitarbeiter des Baumarkts mir dann die bestellte Ware persönlich ans Auto bringt. Ich sehe die Autoschlange, Blech an Blech schlängelt sie sich glänzend über den Baumarkt-Parkplatz, das Ende nicht mehr in Sichtweite, dann schaue ich wieder in die andere Richtung, hier, direkt hinter den Primeln zu meinen bonbonfarbenen Objekten der Begierde… Doch Politik ist Politik, Verordnung ist Verordnung und zu meinen Grundrechten gehört es nicht, Gießkannen im Baumarkt ohne Gewerbeschein einfach so gegen Bezahlung mitzunehmen.
Nachdem ich eine Weile dastehe, mein Blick wie eine orientierungslose Murmel zwischen Primeln, Gießkannen und Blechschlange hin und her rollt, lache ich los. Ich lache schallend in meine Maske, doch anscheinend schützt sie meine Mitmenschen zwar vor Aerosolen und hoffentlich auch vor Viren, nicht aber vor der Ansteckungsgefahr durch Gelächter. Denn nun lacht auch die Mitarbeiterin des Baumarkts, so dass ihr die Maske ordnungswidrig von der Nase hüpft.
Wir wünschen uns einen schönen Tag. Kurz drauf feiere ich meine Freiheit dann doch noch, zusammen mit meinem Grundrecht auf Speiseeis und, ach, den schönen Frühlingstag am 23. Februar mit drei Kugeln, Salzkaramel, Eierflipp und Zitrone aus der Eisdiele. Einfach so.




Wo ich dieses Prachtexemplar einer Gießkanne dann erworben habe, ganz ohne Waffen- oder Gewerbeschein, bleibt streng geheim.
Erst einmal.