Dienstag, 9. September 2025

Schwarzer Wald Weißes Wasser

 

Nach einem Monat der Rehabilitation in Todtmoos im Südschwarzwald teile ich hier, aufgeteilt in einige Postings, eine Auswahl tagebuchartiger Skizzen, Gedichte und Fotos.

 

 

 

10. August

 

 

Auf dem Waldweg

 

Im Vorübergehen sehe ich mich

 

um nach einem jungen Wolf –

 

und er sich nach mir

 

 

Aug in Aug bleiben wir stehen

 

 

Er trägt Leine und hat Mensch

 

Ich trage Rucksack und habe Wald

 


 

 

 

 

 

Auf dem Hochstand

 

Unter mir windet sich ruhig und verlassen der Waldweg

Ein Weg ist eine Einladung, es muss doch einmal einer vorbeikommen –

auf zwei oder vier Beinen, Hufen, Pfoten oder Zehen mit Flügel, Schnabel oder Schnauze –

 

Ein Summen, Krächzen und Zwitschern gesellt sich in die Rauschfrequenz des unsichtbaren Baches unter uns – alle Farben sind hier vereinigt, rauschen zusammen in Grüntönen mit Grau und Braun –

 

Lichtstämme

Schattenraster

(streng und sanft)

Flechten, Moose, Baumbärte

 

Waldfall

Waldsteigen

 

Alles, was lebt

hebt und senkt den Atem

 

Ich mache Photosynthese

 

 

Wie die Sonne sich an die behaarten Finger eines Zweiges schmiegt

 

Pilze fläzen, lümmeln wie faule Tiere auf Baumtellern

 

 

 

 



 

 

Register

 

Fuchsisches Greiskraut – dünnfingriger Sternentrichter-Strauß

 

Kaisermantel – samtbrauner Kleevogel

 

 

 












 

13. August

 

der Wasserfall die Wasserfelle die Wasserfellträgerin die Wasserfalle die Wasserfallende die Wasserfällende

 

Mitten in der Nacht scheint der Fluss - das stürzende Wasser - das weiße Haar der Nacht - leuchtend in seiner Bahn aus Stein 

 

Sternschnuppen gefroren in ihren Sphären

 

Das heisere Bellen eines Hundes hatte mich vertrieben – eben dieser eine Hund hatte den Mond zerbissen

 

wie war es kalt in der nacht ich wickelte mich in wasserfelle trug das wasser über den schwarz bemoosten fels hinauf hinüber die ruhe fehlte ganz die liebe lag brach und

brüchig doch der fluss wo bärenklau und engelwurz sich gegenüberstehen an

den ufern rauschte unbeirrt enthielt alle vogelfrequenzen und

lächelte als ich das weiße haar hineinlegte

„Wasserfellträgerin“

raunte es aus der

kalten sommer-

nacht

ich

ging

weiter

an

meine

ufer

 

 






15. August

 

Gestern gehe ich einen neuen Waldweg in das Dörfchen Schwarzenbach und verliebe mich in das abgelegene Idyll. So ist es, wenn man durch den Wald gegangen ist, in dem Wölfe und Pilze um Licht und Dunkel ringen, Tannen und Fichten, und ich dem Weg unter meinen Füßen vertrauen muss - der Wald speichert das Licht und reinigt es in seinem dunklen Schoß.

Ich bin - immer noch - ein ängstliches und mutiges Rotkäppchen. Die Wölfe aber haben mit den menschlichen Märchen-Projektionen nichts zu tun. Ich komme aus dem Wald wie gewaschenes Licht - dort ist ein Dorf mit großen, tiefgezogenen Dächern, die mir Schutz anbieten, ein neues Leben zwischen grünen Hängen im Sommer und weißen im Winter. Ja, so ist es! Ich erkunde und wandere die Straße zurück.

Die Waldaufenthalte sind, was meine Seele reinigt und nährt, während die Klinik-Maschinerie, die ratternden, rüttelnden, pumpenden, schnaubenden Düsen und Motoren und die Stimmen der Physiotherapeutinnen in gekachelten Kellern meinen Körper aufbauen. 

 

 

 

 

 

 


  

 

 









 Die Klinik Wehrawald auf dem "Zauberberg"




 

 

24. August

 

 

Hochstand 

 

  

Der Reiher hebt sich aus der Tanne

 

Schwebend hält sich die Wespe in der Luft

 

Das Eichhörnchen überquert den Weg

auf dem ich gehe

 

Die Lippen des Springkrauts schürzen sich

und wollen springen zum

 

Kuss

 

Es rauscht im Wald und

 

darüber ist es still

 

 

Ich gehe durch das Holzfällergebiet

 

rieche die Verletzung spüre

 

die groben Äxte die Sägen die Traktoren

 

mit ihren Riesenrädern die den Boden

 

verdichten wie Asphalt

 

 

Der ungeheure Lärm das Heulen Dröhnen und Rasseln

 

hat die Waldbewohner erschüttert die Wurzeln

 

zucken noch unter aufgetürmten Stämmen

 

lange Leiber mit zerfetzter Rinde

 

 

Könnte ich helfen!

 

Ruhe finden -

 

 

Mein Puls ein Eichhörnchen

 

meine Seele eine Tannenreiher

 

meine Hände die nervösen Flügel

 

einer Wespe und meine Lippen

 

rosarotes Springkraut

 

  



 
 
 
 Mit dabei meine doppelköpfige Tonplastik
 
genannt LEBN-TODT
 






Fotos Eva Wal, VG Bild

 

 

Montag, 7. Juli 2025

Spirit of Gambo

 


Immer noch in Rehabilitation zuhause, doch Atelierstunden sind Erholung und Inspiration.



 

 

Musikfries "Spirit of Gambo"

nach dem gleichnamigen Stück von Tobias Hume ( c. 1569 - 1645) 

https://www.youtube.com/watch?v=4qffmVxN4bo 

 

Gouache und Natur-Wasserfarben aus Brasilien (Poética) und Canada (Beam paints) auf Papier, 

ca 130 x 74 cm 













The Making Of











  
 
 
Fotos, Malerei und zwei Gamben, Eva Wal 1993-2025
 
VG Bild